COVID-19-Benefiz: Paul McCartney allein am Fender Rhodes

(AB) Es war ein virtueller Konzert-Marathon, der einen dreistelligen Millionenbetrag für Projekte im Kampf gegen die Corona-Pandemie generierte und gleichzeitig alle Beschäftigten im Bereich der Medizin und auch Ehrenamtliche würdigte. Das u.a. via YouTube übertragene Spektakel hatte einen sechsstündigen Vorlauf mit vorwiegend weniger bekannten Künstlern, bevor sich ab 2:00 Uhr MEZ die ganz großen Stars mit zuvor eingespielten Videoclips aus ihren jeweiligen privaten vier Wänden präsentierten.

Lady Gaga eröffnete den Reigen mit einer beeindruckenden Piano-Soloversion von Nat King Coles bekanntem Song „Smile“ (komponiert von Charlie Chaplin). Ebenfalls am Klavier spielte dann Stevie Wonder ein Medley aus „Lean On Me“ (ein Song seines kürzlich verstorbenen Freundes Bill Withers) und der Eigenkomposition „Love’s In Need Of Love Today“. Überraschend weit vorn im Programm folgte dann bereits Paul McCartney, der sich aus seinem Hogg Hill Mill Studio im heimischen Sussex meldete. McCartney begann mit von Herzen kommenden Dankesworten, die er an Ärzte, Krankenschwestern und andere Helfer weltweit richtete, wobei er auch an seine Mutter Mary erinnerte, die ebenfalls den Beruf der Krankenschwester (und Hebamme) ausübte. Bevor er zum musikalischen Teil überging, appellierte der Ex-Beatle darüber hinaus an die Zuschauer, Druck auf die Regierungen auszuüben, damit diese das Gesundheitssytem mehr fördern als es bisher der Fall war.

Durch die Kontaktsperre derzeit getrennt von seiner Frau Nancy: Paul McCartney daheim in Sussex.

Es folgte eine rhythmisch und instrumental veränderte, weitgehend improvisierte Fassung von „Lady Madonna“, die Paul McCartney am Fender Rhodes E-Piano spielte. Viele Fans fieberten live dem Ereignis entgegen und mussten schließlich nicht zum ersten Mal mit beinahe schmerzhaftem Mitgefühl die stark geschwächte Stimme des früher meisterlichen Gesangsvirtuosen zur Kenntnis nehmen. In großen Konzerten hat es in den letzten Jahren nicht zuletzt dank der gesanglichen Unterstützung durch McCartneys Schlagzeuger Abe Laboriel jr. zwar recht gut funktioniert. Und auch Elton Johns Stimme hat gelitten. Das konnte dem Publikum bei seiner Version von „I’m Still Standing“ nicht entgehen. Paul McCartney ist hingegen noch stärker betroffen muss sich ernsthafter denn je fragen, wie lange er die Strapazen eines Live-Performers noch auf sich nehmen will.

Auch wenn Mick Jagger sich seit jeher in einem deutlich überschaubareren Stimmspektrum bewegt, gelang den Rolling Stones der bessere Auftritt. Jagger, Richards, Watts und Wood waren über instrumentale Aufzeichnungen zusammengeschnitten sangen eine Version ihres 1969er Klassikers „You Can’t Always Get What You Want“.

Dieser Beitrag wurde unter (Ex-)Beatles News, Paul McCartney veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu COVID-19-Benefiz: Paul McCartney allein am Fender Rhodes

  1. ANdi sagt:

    Ich würde mir wegen der Stimme in dem Video keine Sorgen machen. Für den Anlass hat er, wahrscheinlich ohne große Warm-Up Übungen schnell eine Version improvisiert.

    Die Version kommt sehr authentisch rüber, er hat z.B. gar nicht erst wie Elton John versucht den Song „wie früher“ zu bringen.

    Der Mann ist bald 80 (!), He’s done it all…Auch die grauen Haare stehen ihm. Hätte schon vor 20 Jahren das Färben bleiben lassen sollen.

    Wie lange er noch Live-Performer bleibt? Vermutlich solange, wie Hunderttausende Fans zu den Konzerten kommen.

    Ich wünsch ihm einfach, dass er bei guter Gesundheit solange Musik macht wie er will.

  2. admin sagt:

    Moin Andi,

    mir hat der improvisierte Charakter der Version auch gut gefallen. Wirklich mal was anderes und ja, das war sehr authentisch. Da gebe ich dir völlig Recht. Dennoch finde ich die Gedanken um Pauls Stimme weder unberechtigt noch übertrieben. Er verfügt über mehr als 60 Jahre Erfahrung als Livemusiker und weiß selbst genau, wie wichtig das Einsingen ist. Aber machen wir uns nichts vor: Auch mit Warm-up erreicht Paul bestimmte Töne schon länger nicht mehr. Und es kommt auch noch eine gewisse Kurzatmigkeit dazu, die mir in letzter Zeit immer wieder auffiel.

    Paul McCartney hat live nie die Original-Tonart ändern wollen, hat die Länge der Konzerte gefühlt immer mehr ausgeweitet (Wings 1979 = ca. 95 Minuten durchschnittliche Konzertdauer), ist seit 2002 mit nur wenigen Unterbrechungen auf Tournee und strapaziert seine Stimme dabei sehr. Ich finde es nicht verwerflich, die Bedingungen (wenn er denn nicht auf Konzerte verzichten will) an sein stimmliches Leistungsvermögen anzupassen.

    Leider ist das gerade auch unter Fans ein so sensibles Thema und heißes Eisen, dass es die Gemüter schnell hochkochen lässt und zu Schwarzweißmalerei führt. Wenn man auch nur vorsichtig Kritik übt, wird einem unnötige Jammerei vorgeworfen und manchmal sogar geraten, man solle es gleich bleiben lassen, wenn man Paul nicht mag. Er ist zwar „nur“ mein zweiter Lieblingsbeatle, aber verehre ihn sehr und kann mir eine Welt ohne ihn kaum vorstellen. Aber gerade WEIL ich McCartney so ins Herz geschlossen habe, mache ich mir Sorgen.

    Viele Grüße,
    Ansgar

  3. Andi sagt:

    Hi Ansgar,

    wollte dir keine unnötige Jammerei vorwerfen, gerade auch vor dem Hintergrund weil ich weiß, dass du den Mann genauso verehrst.

    Vielleicht will ich’s mir selber manchmal einfach schönreden 😀

    Am Wochenende hab ich, aus Ermangelung an echten Live Konzerten, mir hintereinander Rockshow (stimmlich der beste McCartney meiner Meinung) und einen sehr guten Mitschnitt bei Youtube von einem Konzert aus 2018 angesehen.
    Der Unterschied ist natürlich mehr als nur Tag/Nacht….und mit Abe hast du definitiv recht. Er fängt viel ab. Bei manchen Vocals hab ich sogar das Gefühl dass die Tontechniker Paul ziemlich runter mischen.

    Verdammt, wie sehr hätte ich die Wings auf der Höhe des Schaffens live gesehen… Besonders wie Paul bei Maybe I’m amazed da abgeht…Grandios!

    Viele Grüße in die nördlicheren Gefilde und bleibt gesund!
    Andi

  4. admin sagt:

    Ich meinte auch gar nicht dich, Andi. Im Facebook-Pfefferland und meiner dortigen McCartney-Gruppe sind weit über 100 Kommentare zum Thema zusammengekommen. Darauf bezog ich mich. Seit rund 40 Jahren „verteidige“ ich McCartney, wann immer ich es für nötig hielt und halte. Auch heute bin ich da noch sehr hellhörig, wenn jemand ohne wirklich fundiertes Wissen oder Argumente Paul McCartney kritisiert. Aber ich versuche bei aller fanmäßigen Befangenheit auch immer möglichst ein gewisses Maß an Objektivität zu bewahren. Die rosarote Fanbrille ist mir so ziemlich fremd. Aber ich verstehe auch, dass viele Fans unbequeme Wahrheiten nicht so gern eingestehen wollen. Egal wie, Paul ist wie ein Familienmitglied, und auf das lässt man ungern etwas kommen.

    Die besten Wünsche auch an dich und deine Familie!

    Viele Grüße,
    Ansgar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert