1969 – „Wedding Album“

Wedding Album

Veröffentlicht:  07. November 1969
LP: Apple SAPCOR 11 (England)
CD: Rykodisc RCD 10413

Titel:
John & Yoko / Amsterdam
Bonus-Tracks auf der CD: Who Has Seen The Wind? / Listen, The Snow Is Falling / Don’t Worry Kyoko (Mummy’s Only Looking For Her Hand In The Snow)

Die exzentrischen Späße von John Lennon und Yoko Ono gingen in die dritte Runde. Inmitten der Arbeit am letzten Beatles-Album „Abbey Road“ stellten John und Yoko die Geduld ihrer Fangemeinde abermals auf eine harte Probe: Am 22. April 1969 entstand zwischen 23:00 und 4:30 Uhr in den Abbey Road-Studios die A-Seite des „Wedding Album“: 22 Minuten und 41 Sekunden währt „John & Yoko“. Der „Song“-Titel ist Programm: John ruft „Yoko!“ und Yoko ruft „John!“ – und das in unterschiedlichsten Variationen, untermalt von Aufnahmen ihrer Herzschläge.

Einen Monat zuvor, genau am 20. März 1969, wurden John  Lennon und Yoko Ono im britischen Konsulat von Gibraltar getraut. Die Flitterwochen läuteten die Beiden spektakulär ein: Sie residierten in einer Luxus-Suite des Amsterdam Hilton, wo sie per „Bed-In“ eine Woche lang im Nachtgewand die Presse empfingen, um so auf ihre Weise für den Frieden zu werben. Diese Aktion erregte weltweit Aufsehen. Auch in den folgenden Wochen blieb das prominente Paar bei ihrem Kreuzzug für den Weltfrieden in den Medien. So verschickten sie – dreizehn Jahre vor Joseph Beuys‘ Pflanzaktion „7000 Eichen“ – beispielsweise Eicheln („Acorns For Peace“) an internationale Regierungschefs. Allerdings nur Israels Golda Meir und Kanadas Pierre Trudeau pflanzten die Keime tatsächlich ein. Parallel zum Friedensengagement wurden weitere künstlerische Projekte verfolgt wie z.B. die Premiere ihres Experimentalfilms „Rape“. Zudem wurde die neue Beatles-Single „Get Back“ veröffentlicht und trotz offensichtlicher Disharmonie nahmen John Lennon und Paul McCartney im Alleingang „The Ballad Of John And Yoko“ auf – quasi ein Tagebuch des Durcheinanders um die Hochzeit von John und Yoko.

Am 22. April spielten die Beiden ihr „John & Yoko“-Epos ein, direkt nachdem Lennon auf dem Dach des Apple-Büros in der Londoner Savile Row durch einen Notar seinen Namen von John Winston Lennon in John Ono Lennon ändern ließ. Die B-Seite des Albums – „Amsterdam“ genannt – beginnt nach Johns „Okay, Yoko!“ mit einem gesungenen Friedensaufruf Yokos,  Variationen von „Let’s Hope For Peace“. Nachfolgend dann der interessantere Teil der Platte: Ein Mitschnitt eines Interviews mit John Lennon und Yoko Ono während des Amsterdamer Bed-Ins. Hier erklären beide deutlich ihre Position. John: „What we’re really doing is sending out a message to the world, mainly to the youth, especially the youth or anybody really that’s interested in protesting for peace or protesting against any form of violence (…)“. Dabei sei das durchaus auch humorvoll zu wertende Bed-In nur eine der vielfältigen Formen des friedlichen Protests. Schuldzuweisungen sprechen John und Yoko nicht aus. Jede Nation habe irgendwann ihren Hitler gehabt und Deutsche und Österreicher seien nicht mehr als andere dafür verantwortlich gewesen, dass jemand wie Hitler nicht gestoppt wurde.

Im letzten Abschnitt von „Amsterdam“ hört man, wie ein neuer Tag in der Hilton-Suite Nummer 902 beginnt. John und Yoko wachen allmählich auf, bestellen ihr Frühstück, amüsieren sich über gehässige „Bed-In“-Zeitungsartikel und stehen anschließend dem nächsten Journalisten Rede und Antwort. Für Beatles-Fans ist der Schluss interessant: Nachdem John einen kurzen „Goodbye, Amsterdam“-Blues zur Gitarre angestimmt hat, begleitet er darauf Yokos Gesang mit der Melodie des Beatles-Juwels „Because“ („Abbey Road“, 1969) bevor er selbst eine kurze Acapella-Version von „Good Night“ („Weißes Album“, 1968) zum Besten gibt. Doch unterm Strich ist auch das „Wedding Album“ nur Beatles-historisch von Belang und wird auch nicht ernsthaft zu den „richtigen“ Soloalben John Lennons gezählt. Wer allerdings gerne sammelt und die Möglichkeit hat, die Vinyl-Version des „Wedding Album“ zu erwerben – es lohnt sich. Die aufwändig gestaltete Box enthält neben der Schallplatte (im Klappcover), ein großformatiges Heft mit Pressereaktionen zu den Bed-Ins, ein Poster mit Fotos von der Trauung, ein Poster mit von John und Yoko gezeichneten Cartoons, eine (gedruckte!) Reproduktion des letzten Stücks der Hochzeitstorte, ein Streifen John und Yoko-Bilder aus dem Passfoto-Automaten, eine Motiv-Postkarte und schließlich auch eine Faksimile-Darstellung der Heiratsurkunde.

Anspieltipps:

Keine

Bewertung:

Pressestimmen:

„However, the albums John Lennon made with Yoko Ono in the late ’60s, including „Two Virgins“ and „Life With The Lions“, didn’t suggest that he had anything to say in the avantgarde-medium. These were the formless dabblings of two mutulally obsessed lovers.“         – UNCUT

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert