Give My Regards To Broad Street
Veröffentlicht: 22. Oktober 1984
LP: EMI / Parlophone 1C 064 – 2602781 (Deutschland)
CD: EMI 0777 7 89268 2 5 (Digitally Remastered)
Titel:
No More Lonely Nights (Ballad) / Good Day Sunshine – Corridor Music / Yesterday / Here, There And Everywhere / Wanderlust / Ballroom Dancing / Silly Love Songs/Reprise / Not Such A Bad Boy / So Bad / No Values/No More Lonely Nights / For No One / Eleanor Rigby – Eleanor’s Dream / The Long And Winding Road / No More Lonely Nights (Playout Version) / Goodnight Princess
Bonus Tracks auf der remasterten CD: No More Lonely Nights (Extended Version) / No More Lonely Nights (Special Dance Mix)
Erneut verging bis zum nächsten McCartney-Album nur eine sehr kurze Zeitspanne. Hätte er mal lieber längere Pausen gemacht, denn nach den durchwachsenen „Pipes Of Peace“ brachen im Orwell-Jahr 1984 endgültig kommerziell und mitunter auch künstlerisch magere Zeiten an. Wirtschaftlich konnte ein Verkaufsdebakel dem Ex-Beatle nicht das Geringste anhaben, aber der Schaden, den sein Ruf als Komponist und Künstler nach „Give My Regards To Broad Street“ nahm, blieb nicht ganz ohne Wirkung.
Paul McCartneys Idee, seine Musik mit der Handlung eines abendfüllenden Films zu kombinieren, geht zurück bis ins Jahr 1979. Der britische Dramaturg William Martin Russell (der schon in der Vergangenheit ein Stück über die Beatles namens „John, Paul, George, Ringo…& Bert“ schrieb) bekam den Auftrag, ein Drehbuch für einen Fernsehfilm zu schreiben, der einige Songs von Paul McCartney enthalten sollte. Mit dem Ergebnis Russells und den Versuchen weiterer Autoren war Paul unzufrieden, so dass er kurzerhand selbst das Drehbuch verfasste. „Nicht kleckern, sondern klotzen!“ – Getreu diesem Motto wurde der Gedanke einer Fernsehproduktion ad acta gelegt: Die Kinoleinwand war das Ziel. An sich keine schlechte Idee, doch der Kardinalfehler bestand darin, dass McCartney bis zum Schluss alle Fäden selbst in der Hand hielt. Offiziell führte Peter Webb Regie, doch es kann als sicher angenommen werden, dass sich McCartney auch in dieses Metier einmischte.
Paul McCartney ist ein ganz ungewöhnlich gesegneter Künstler, kann aber natürlich nicht zu allen Fragen der Filmkunst eine professionelle und geschmackvolle Einstellung haben. Ruhm und Geschichte Paul McCartneys verliehen spätestens nach dem globalen Erfolg der Wings eine Aura der Legende, des Unantastbaren, was dazu führte, dass er stets von vielen Ja-Sagern umgeben war. Niemand wagte es, angebrachte Kritik zu üben oder andersherum: Paul sah in niemanden eine Herausforderung à la Lennon. Es war kein Korrektiv vorhanden, so dass er mehr und mehr in seinem eigenen Kosmos lebte. Hätte zur rechten Zeit ein Profi (oder besser gleich mehrere) eingegriffen, so wäre sowohl an den Kinokassen als auch bei der Kritik der Schuss nicht dermaßen nach hinten losgegangen.
Die Dreharbeiten und Aufnahmesessions für den Soundtrack begannen Ende 1982. Der namhafteste Schauspieler, der für „Broad Street“ verpflichtet wurde, war der Brite Sir Ralph Richardson, der schon in „Vier Federn“, „Doktor Schiwago“ oder auch in dem von George Harrison produzierten Film „Time Bandits“ spielte. „Give My Regards To Broad Street“ sollte sein letzter Film werden, er starb im Oktober 1983. Hingegen gab die Popsängerin Tracy Ullman in „Broad Street“ ihr Schauspieldebüt und wirkte später sogar in mehreren erfolgreichen Kinofilmen mit, so z.B. „Jumpin‘ Jack Flash“ und „Schmalspurganoven“. Dazu kam der Australier Bryan Brown, bekannt durch „Cocktail“ oder auch „Gorillas im Nebel“. Das Kinoplakat listete schließlich noch vier weitere „Schauspieler“ auf: Paul und Linda McCartney sowie Ringo Starr und Barbara Bach. Der Filmtitel ist angelehnt an „Give My Regards to Broadway“, ein Song von George M. Cohan aus dessen Musical „Little Johnny Jones“ von 1904 und an die Londoner Bahnstation „Broad Street“ (die 1986 geschlossen wurde). Ein konkreter Bezug zur Filmhandlung lässt sich nicht erschließen.
Die Handlung ist an die „A Hard Day’s Night“-Story angelehnt – ein Tag im Leben eines Musik-Superstars: Paul McCartney spielt also sich selbst. Es geht um das Mastertape für ein neues Album, das ein (am Ende bemitleidenswerter) Bösewicht stiehlt. Die wertvolle Aufnahme muss bis Mitternacht wiederbeschafft werden, da sonst ein skrupelloser Geschäftsmann McCartneys Millionen einsackt. So weit, so wenig spektakulär. Während Ringo Starr in seinen Filmrollen immer eine gute Portion Talent in die Waagschale werfen konnte, wirkt McCartneys Schauspiel unnatürlich und aufgesetzt. Die Höhepunkte des Films sind demzufolge die Musikeinlagen, denn das ist Pauls Profession, hier kann ihm niemand ein X für ein U vormachen.
Die vorab im September 1984 veröffentlichte Single „No More Lonely Nights“ schürte Hoffnungen auf einen großartigen Soundtrack. Immerhin war in Prä-Internet-Zeiten längst noch nicht klar, welche Titel auf dem kommenden Album enthalten sein würden. Allgemeine Enttäuschung machte sich breit, als durchsickerte, dass „Give My Regards To Broad Street“ im Wesentlichen Neuaufnahmen von Beatles-Klassikern und einiger Wings- und Solo-Songs enthalten würde. Dazu kamen nur drei wirklich neue Stücke, die einen weitaus positiveren Eindruck hinterlassen als die schon bekannten.
Erste flüchtige Melodieansätze für „No More Lonely Nights“ entstanden, als Paul McCartney in George Martins Londoner AIR Studios zwanglos auf seinem Bass improvisierte. Paul ließ die Grundidee aufnehmen, dachte aber noch nicht daran, daraus einen Song zu machen, sondern Begleitmusik, die die Stimmungs- bzw. Gefühlsebene und Handlungsführung unterstützt. Teile dieser „Incidental Music“ nebst Dialogausschnitte hört man auch auf dem Soundtrack-Album. Das nächste Problem war es, einen Song mit dem Titel „Give My Regards To Broad Street“ zu schreiben. Als nichts Zählbares dabei herauskam, entschloss sich McCartney zu einer Ballade, die zwar nichts mit dem Filmtitel zu tun hatte, wohl aber ganz gut zur Szene passte, für die sie gebraucht wurde. Der Song zählt zu Paul McCartneys bestem Solomaterial – nicht zuletzt dank der prominenten Unterstützung von Pink Floyds David Gilmour, der hier ein unglaublich packendes und langes Gitarrensolo spielt. „No More Lonely Nights“ beginnt verhalten mit McCartneys sanfter Stimme und sparsamer instrumentaler Begleitung. Ein vom Komponisten immer mal wieder gern eingesetztes Streicher-Stakkato beschleunigt das Tempo ein wenig und leitet zum Refrain über. Im Mittelteil hat Gilmour sein erstes – vergleichsweise kurzes – Solo, doch bevor „No More Lonely Nights“ die für Pop-Songs übliche Maximallaufzeit von vier Minuten erreicht hat, setzt er zu einem fast anderthalbminütigen Solo an, das in punkto Ausdruck und Intensität an seine besten Soli für Pink Floyd heranreicht. Exzessive Ausflüge der Leadgitarre können ermüden, in diesem Fall jedoch hält Gilmour die Spannung hoch; langweilig wird es zu keinem Zeitpunkt.
Hinsichtlich der Songauswahl für „Broad Street“ erklärte Paul McCartney in einem Interview, dass er sich den Film wie ein Live-Konzert vorstellte. Er suchte demnach Stücke aus, bei denen er davon ausging, dass das Publikum sie bei einem Auftritt hören möchte. „Good Day Sunshine“, die erste Neuaufnahme eines Beatles-Klassikers auf diesem Album, sollte da seiner Meinung nach nicht fehlen. Der Song stammt vom 1966er-Werk „Revolver“, wobei sich McCartney seinerzeit von Lovin‘ Spoonfuls „Daydream“ zu dieser Komposition inspirieren ließ. Es ist überhaupt auffallend, dass vier der sechs Beatles-Songs auf „Give My Regards To Broad Street“ von jenem legendären Album „Revolver“ stammen. „Good Day Sunshine“, bei dem George Martin das Piano spielt, erreicht wie alle anderen hier enthaltenen Neuaufnahmen nicht die Ausstrahlung und Qualität des Originals. Man orientierte sich eng am ursprünglichen Arrangement, doch das Ergebnis klingt zu steril und flach.
Als nächstes folgt der am häufigsten gecoverte Song der Rockgeschichte: „Yesterday“ bildet den Anfang dreier miteinander verwobenen Titel. Als Paul McCartney Mitte der 70er Jahre mit den Wings auf Tour war, spielte er diesen Song erstmals wieder live. Da ein mitreisendes Streicherquartett eher umständlich gewesen wäre, wurde ein Arrangement für ein Bläserensemble geschrieben. Auch auf „Broad Street“ wurden die Streicher durch Bläser ersetzt. Ansonsten ist diese (leicht verlangsamte) Version von „Yesterday“ nicht weiter erwähnenswert. Das Philip Jones Brass Ensemble begleitet ebenfalls „Here, There And Everywhere“, die zweite Nummer von „Revolver“. Das Original wird getragen durch den schönen dreistimmigen Harmoniegesang von John Lennon, Paul McCartney und George Harrison. Diese Aufgabe übernimmt hier das Philip Jones Brass Ensemble. Nicht mehr als nett, wobei allerdings das variierte Ende zu erwähnen ist, das einen guten Übergang zu „Wanderlust“ bildet. Im Film befinden wir uns mittlerweile in einer Szene, die bei Studioaufnahmen des Hauptdarstellers Paul McCartney spielt. Ringo Starr ist mit von der Partie und sucht schon während „Yesterday“ und „Here, There And Everywhere“ nach seinen Drumsticks. Bei der verzweifelten Suche danach wirft er versehentlich ein Becken um, findet aber rechtzeitig zum Einsatz von „Wanderlust“ sein Arbeitsmaterial. „Wanderlust“, nun also mit Ringo Starr am Schlagzeug, stammt vom gerade mal zwei Jahre alten Album „Tug Of War“ (was auch auf den folgenden Song „Ballroom Dancing“ zutrifft). Diese Fassung von „Wanderlust“ ist nahezu deckungsgleich mit dem Original, nur am Ende nimmt Paul McCartney einen Melodiebogen von „Here, There And Everywhere“ wieder auf. Mit „Ballroom Dancing“ verhält es sich ein wenig anders. Zunächst einmal ist die Auswahl der McCartney begleitenden Musiker beeindruckend, vor allen Dingen wegen der Gitarristen Dave Edmunds und Chris Spedding, sowie Ex-Led Zeppelin John Paul Jones, der hier den Bass spielt, während Paul McCartney das Piano bedient. Dieses Remake hat durchaus seine Reize, da es ein wenig rockiger geraten ist als das Original. Zusätzlich eingeflochtene Gitarrenlicks und ein längeres, vermutlich von Spedding gespieltes Solo, sollen die Dramatik der dazugehörigen Filmszene unterstützen. Leider ist gerade diese Sequenz ein Tiefpunkt des Films. Schauplatz ist folglich ein „Ballroom“, in dem adrett gekleidete junge Menschen ihrer Tanzleidenschaft frönen. Es stößt eine Gruppe rebellischer jugendlicher Rocker dazu, die eine Schlägerei anzettelt und für absolutes Chaos im Saal sorgt. Doch die weder die Figuren noch die Handlung wirken authentisch.
Weiter geht es mit „Silly Love Songs“, dem einzigen Stück aus den Wings-Jahren – und hier deutet sich schon an, dass Paul McCartney dieser Phase seines Musikerlebens zu wenig (verdiente) Beachtung schenkt. Unerklärlicherweise hat Paul McCartney den großen Erfolg „Silly Love Songs“ zuletzt 1976 live dargeboten. Acht Jahre später nimmt er diese Nummer jedoch für „Give My Regards To Broad Street“ neu auf. Aber auch dieser Song erreicht keinen qualitativen Zugewinn. Das vielleicht schönste Beispiel stimmlicher Harmonie von Paul und Linda McCartney leidet vor allem an der glatten Produktion. Das verwundert nicht weiter, wenn man sieht, dass mit Steve Lukather und Jeff Porcaro zwei Mitglieder der stets nach allergrößter Perfektion strebenden Band „Toto“ bei dieser Aufnahme mit an Bord waren. Auch das gegen Ende gespielte Slap–Solo des legendären „Brothers Johnson“-Bassisten Louis Johnson passt nicht so recht zu „Silly Love Songs“.
Neben „No More Lonely Nights“ gab es zwei weitere neue Songs, die für das Filmprojekt geschrieben wurden: „Not Such A Bad Boy“ und „No Values“. Ausgerechnet diese Titel heben sich angenehm von den Remakes der bekannten Songs ab. Insbesondere die beiden letztgenannten Titel gehören zu den Gewinnern des Albums, weil sie nicht überproduziert wurden, sondern überaus frisch daherkommen. Wie bei einem Livekonzert (oder wie einst bei der Beatles-Studioaufnahme von „I Saw Her Standing There“) zählt Paul McCartney „Not Such A Bad Boy“ an und auch der Schluss wird nicht ausgeblendet, sondern endet mit einem Schlussakkord und instrumentalem Geplänkel der Band. Diese besteht erneut aus Paul, Ringo, Linda, den Gitarristen Dave Edmunds und Chris Spedding sowie der Percussionistin Jody Linscott. Diese Aufnahme erweckt den Eindruck, als wäre sie nach schon einem Take „im Kasten“ gewesen. Der Text handelt von einer reumütigen Person, die einige Episoden aus ihrem Leben erzählt. Wie so oft bei McCartney ist völlig offen, ob der Songtext autobiografische Züge enthält. Dennoch mag sich Paul im letzten Vers auf seinen Gefängnisaufenthalt in Japan (1980) bezogen haben:
“I talked to my lawer, he picked up my bail
Won’t someone get me out of this lousy jail
We’re both in agreement that crime never pays
And I should be out in a couple of days.“
Wohl jeder Beatles-Fan kennt Paul McCartneys Erzählung zur Entstehung seines Klassikers „Yesterday“. Doch diese Komposition war nicht die einzige, die ihm im Traum erschien. Gleiches trifft nämlich auch auf „No Values“ zu, vom dem McCartney sagt, er habe die Melodie und den Text für den Refrain geträumt. Die Traumsituation war dergestalt, dass er die Rolling Stones (bei einem Konzert?) bei der Darbietung eines ihm unbekannten Songs beobachtete – eben „No Values“. Nachdem sichergestellt war, dass es keinen Song mit diesem Titel und dieser Melodie gab, machte sich McCartney bereits zu „Tug Of War“-Zeiten an die Arbeit, legte die Versuche aber vorerst wieder ad acta. „No Values“ klingt so gar nicht nach den Rolling Stones, weiß aber durch den vergleichsweise härteren und ungezwungenen Sound zu überzeugen. So sind „Not Such A Bad Boy“ und „No Values“ keine melodischen Meisterwerke, sondern in erster Linie der Beweis dafür, dass der Rocker in McCartney noch existent war. Dave Edmunds und Chris Spedding leisteten hierbei hervorragende Arbeit. Sie drückten den beiden Songs ihren Stempel auf und weckten im geneigten Hörer den Wunsch, McCartney möge endlich wieder mehr geradlinigen Rock spielen und vor allem wieder Konzerte geben. Doch sein Live-Comeback lag noch ein halbes Jahrzehnt weit entfernt. Warum übrigens das blueslastige Ende von „No Values“ auf dem Cover als „No More Lonely Nights“ deklariert wird, bleibt unklar.
Zwischen „Not Such A Bad Boy“ und „No Values“ findet sich eine Neueinspielung von „So Bad“. Das Recyclen dieser gerade mal ein Jahr alten Aufnahme (vgl. „Pipes Of Peace“) war überflüssig wie ein Kropf. Man kann von dieser Version von „So Bad“ noch nicht einmal behaupten, sie würde dem Original neue Zutaten hinzufügen. Unterschiede sind daher kaum auszumachen. Vielleicht fehlt „So Bad“ nicht ohne Grund auf der Vinyl-Version von „Broad Street“. Damals erschien sie nur auf der Kassetten- und CD-Ausgabe des Albums.
Es folgen mit „For No One“ und „Eleanor Rigby“ zwei der schönsten Paul McCartney-Songs überhaupt, beide im Original auf dem Beatles-Album „Revolver“ (1966) zu finden. Bei beiden Stücken lässt sich der Ex-Beatle (Gesang und Akustikgitarre) vom Gabrielli String Quartet begleiten, während Jeff Bryant das charakteristische Waldhorn-Solo in „For No One“ spielt. Bei einem Stück wie diesen (ebenso zutreffend auf „Eleanor Rigby“ und „Yesterday“) hat sich die Originalfassung so sehr ins Bewusstsein eingeprägt, dass eine freiere Interpretation des Komponisten eher verstörend und unpassend wirken würde. So sind auch hier wenige Veränderungen, aber auch keine Verbesserungen auszumachen. „Eleanor Rigby“ geht nahtlos in eine orchestrale Passage über, die sich „Eleanor’s Dream“ nennt. Die Musik begleitet verschiedene Filmszenen und ist somit auch etlichen rhythmischen und melodischen Wechseln unterworfen. „Eleanor’s Dream“ ist gleichzeitig auch als erster ernsthafter Vorstoß McCartneys in die Gefilde der klassischen Musik zu verstehen. Freilich lässt er sich hier von George Martin unterstützen, dessen Handschrift unverkennbar ist – man fühlt sich zuweilen an „Pepperland“, die „Sea Of Holes“ oder etwa die „Sea of Monsters“ aus dem „Yellow Submarine“-Soundtrack erinnert. Auch das Streicherstakkato aus Hitchcocks „Psycho“-Duschszene wird aufgegriffen. Doch McCartney gelingen auch ein paar schöne Variationen auf das „Eleanor Rigby“-Leitmotiv und eine unglaublich zarte und romantische Passage, die er auf der Akustikgitarre spielt (ca. 3:30 bis 4:10 Min.). Für die Schallplattenausgabe hat man „Eleanor Rigby/Eleanor’s Dream“ brutal auf eine Spielzeit von gerade mal knapp über drei Minuten gekürzt, so dass rund sechs Minuten fehlen.
Man kann es kaum glauben, dass Paul McCartney hinter der butterweichen und zuweilen kitschigen Version von „The Long And Winding Road“ steht. Schließlich war er es, der den größten Schrei der Empörung ausstieß, als Phil Spector „The Long And Winding Road“ für das „Let It Be“-Album der Beatles mit Frauenchören und Streichern zukleisterte. McCartney hatte nicht ganz unrecht: Die ursprüngliche schlichte Version der Beatles ist um Längen besser. Auch mit den Wings spielte McCartney in Konzerten ein abgespecktes Arrangement dieser Ballade. Umso mehr verwundert die schwache Fassung auf „Broad Street“. Der größte Fehler besteht wohl darin, die Einleitung und das spätere Solo von einem Saxophon (Dick Morrisey) spielen zu lassen. Man fühlt sich unweigerlich an Easy Listening-Orchestermusik aus den 70er Jahren erinnert wie z.B. von James Last oder Ray Conniff. Dieser schöne Song hat Besseres verdient.
Es geht auf die Zielgerade zu. „No More Lonely Nights“ hat dieses Album eröffnet und beendet es auch. Dieses Mal allerdings in einer beschleunigten, discotauglichen „Playout“-Version. Im Vordergrund stehen der Rhythmus und sporadisch einsetzende Attacken einer fünfköpfigen Bläsergruppe. Dies alles klingt aber weitgehend kalt, einfalls- und lieblos. Für Sammler damals ein hartes Brot: Diese Version gab es in verschiedenen Remixen, so produzierte George Martin einen Remix für die Maxi-Single (8:10 Min.), Arthur Baker einen 6:55-Remix und einen Edit von 3:56 Min. Die remasterte CD-Ausgabe von „Broad Street“ wartet mit einem „Extended Mix“ und einem „Special Dance Mix“ auf.
Schallplatten haben naturgemäß weniger Spielkapazität als CDs. So fehlen der Vinylversion von „Gve My Regards To Broad Street“ gegenüber der CD ganze 16 Minuten. Zählt man die Bonus-Tracks dazu, kommt man mit der remasterten CD auf fast 30 Minuten mehr Spielzeit. Auch „Goodnight Princess“ fehlt auf der Schallplatte, wobei dies auch kein wirklicher Verlust ist. Unbedarfte Hörer dürften sich bei „Goodnight Princess“ ans Kaffeekränzchen im Seniorenheim erinnert fühlen. Nachvollziehen und einschätzen kann man das, wenn man McCartneys (durchaus humorvolles) Faible für den Bigband- und Vaudeville-Sound aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennt. Paul McCartney verabschiedet sich während der ersten Takte von „Goodnight Princess“ mit diesen Worten: „Thank you for joining us. We hope you’ve had as much pleasure listening as we’ve had making it for you.“ — Nett gemeinte Worte, nur war das Vergnügen wohl eher einseitig.
Die einzige Singleauskopplung „No More Lonely Nights“ erklomm in England Platz 2 und in den USA Platz 6. In Deutschland reichte es gerade mal für Rang 30. Das Album schaffte in England die Spitzenposition und in den Staaten Platz 21. Was das Coverdesign betrifft, ließ sich Paul McCartney nicht lumpen: Die Schallplatte erschien mit Texten, Motivlabel und schönem Klappcover – wobei sich über Geschmack natürlich streiten lässt.
Anspieltipps:
No More Lonely Nights / Not Such A Bad Boy / No Values
Bewertung:
+
Pressestimmen:
„There are only three new songs here; the rest of the record is filled out with pointless Beatles remakes and even more meaningless reprises of some of McCartney’s own solo fluff. This is a shame, because the new tunes are pretty good.“ – Rolling Stone, 17. Januar 1985