2007 – Strawberries in Liverpool

Nach 1999 reiste ich im Sommer 2007 zum zweiten Mal in die Heimatstadt der Beatles. Gleichzeitig war dies auch der erste Liverpool-Aufenthalt, der in die traditionelle Beatle-Week fiel. Zusammen mit neun Freunden aus dem Erdbeerfelder-Forum genoss ich vom 21. bis 26. August eine erlebnisreiche Woche. Hier ist der Bericht:

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LIVERPOOL 2007

A mystery trip – Satisfaction guaranteed

(Alle Fotos: © Ansgar Bellersen – Verwendung nur mit ausdrücklicher Genehmigung)

 

Ein gutes dreiviertel Jahr lag zwischen der Planung und der Verwirklichung unsere Englandreise 2007. Zunächst wollten wir nur als kleine Männerrunde zum 50. Jahrestag des ersten Treffens zwischen John Lennon und Paul McCartney nach Liverpool fahren. Doch leider ließ sich der Termin am 6. Juli nicht realisieren. Umso schöner war es schließlich, dass aus der kleinen Erdbeerfelder-Abordnung dann ein doch sehr stattliches Grüppchen von 10 Beatlesfreunden wurde. Mit der Reise nach Liverpool endeten meine Sommerferien mit einem Paukenschlag. Lange habe ich mich darauf gefreut und obwohl wir ein paar Ausflugsstationen nicht mehr schafften, sind meine Erwartungen an diese Fahrt nicht nur erfüllt, sondern ganz locker übertroffen worden.

Während sich drei Erdbeeren (Julia, Nadja und Sebastian) direkt in Liverpool niederließen, zog es uns restliche Englandfahrer (Heidi, Karsten, Marino, Martin, Sunny, Sascha und Mr. Bellersen himself) ins knapp über 50 Meilen nördlich von Liverpool gelegene Blackpool. Dieses mittlerweile etwas heruntergekommene Seebad war uns vor allen Dingen durch das Hotel sympathisch, in dem wir wohnten. Was konnte für uns passender sein als das „Strawberry Fields Hotel“?

Am Dienstag, den 21. August befahl mir mein Wecker, um 5:00 Uhr aufzustehen. Dass das keine Freude ist, sollte nachvollziehbar sein. Doch der Grund für diese Übung war Motivation genug. Nachdem ich gegen 6:30 Uhr das Haus verließ, erreichte ich ohne Probleme ca. zwei Stunden später den Hamburger Flughafen. Dort war ich mit Neu-Erdbeere Karsten verabredet. Ich hatte ihn zuvor noch nicht gesehen, aber über’s Handy empfahl er mir, nach einem „langen Elend“ Ausschau zu halten. Und so war’s auch. Es kommt relativ selten vor, dass ich bei Unterhaltungen zu jemandem aufschauen muss. Doch im Vergleich zu Karsten kam ich mir wie ein Hobbit vor. Das passiert mir also auch mal. Als wir auf dem Weg zu unserem Gate waren, konnten wir dann auch die aus Süddeutschland angereiste Heidi begrüßen.

Unser Flieger startete bei stetigem Regen plangemäß um 10:50 Uhr. Nur etwa eine Stunde später landeten wir in Manchester bei ungleich schönerem Wetter. Das sollte sich auch in den folgenden Tagen nicht ändern: Nicht einen Tropfen bekamen wir ab. Heidi, Karsten und ich begaben uns in die Haupthalle der Arrivals und schauten uns, während wir auf Martin und Marino warteten, ein bisschen um. Bei europcar meldete ich mich schon einmal an, nachher den bestellten Mietwagen abzuholen. An gleicher Stelle besorgte ich mir dann eine England-Straßenkarte. Es war bald 13:30 Uhr, als auch Martin und Marino sich an unseren Tisch beim Burger King setzten (wobei Karsten, Heidi und ich uns Cappucino und Sandwich im Café nebenan besorgten). Bald darauf holten wir dann unseren Mietwagen, einen Kia. Dieses VW Golf-ähnliche Modell hatte zwar gewisse Probleme, das Gepäck von fünf Personen aufzunehmen, aber letztlich hat es dann doch geklappt.

„53 Meilen“ hört sich nicht so viel an. Die Fahrten dauerten aber dann doch immer ziemlich lange und vorausschauend betrachtet würden wir uns beim nächsten Mal doch lieber direkt in Liverpool niederlassen. Doch wir waren jetzt erst einmal im Strawberry Fields Hotel in Blackpool und wurden von unseren „Herbergseltern“ Pete und Trisha herzlich in Empfang genommen. Nachdem wir unsere Sachen untergebracht hatten, begaben wir uns noch an die Promenade von Blackpool. Bevor wir dort weiter flanierten, meldeten sich unsere Mägen. Wir kehrten beim Italiener ein. Ich selbst war wenig angetan von dem, was mir da kredenzt wurde. Meine Pizza war nur am Rand kross und das schwarze Etwas als Belag entpuppte sich nach längerer Untersuchung als verbrannte Champignons. Satt geworden sind wir aber wohl trotzdem alle. Der schöne Sonnenuntergang am Pier entschädigte dann jedoch voll und ganz.

Sonnenuntergang in Blackpool

Sonnenuntergang an Blackpools Promenade

Man könnte jetzt denken, nun sei ein anstrengender Tag zu Ende gewesen. Weit gefehlt. Jetzt ging es erst richtig los. In der Kellerbar des Strawberry Fields Hotel zapfte Pete ein Lager nach dem anderen und es dauerte nicht lange, da zog es Bühnensau (Stage Pig :wink:) Marino zur Karaoke. Zusammen mit Sunny schmetterte er Beatles-Weisen, dass es eine wahre Wonne war. Irgendwann schwappte die Euphoriewelle dann auch zu uns „Nicht-Sängern“ herüber und unser Karaoke-Sperrfeuer schien gar kein Ende zu nehmen. Viele Pints und unzählige Fotos später war Pete wohl ganz dankbar, als wir zufrieden in unsere Zimmer trotteten. In der Nacht beschloss ich übrigens, durch mutige Schnarchsalven meinen Zimmergenossen Marino vor wilden Tieren zu beschützen.

Karaoke mit Marino und Sunny

Karaoke Furioso – diese Nacht wird keiner so schnell vergessen

Strawberry Fields Hotel

Am nächsten Morgen kurz vor Abfahrt nach Liverpool:
Marino vor dem Strawberry Fields Hotel

Beim Frühstück wurde uns sehr deutlich, dass wir uns in einem anderen Land befanden. Wer isst bei uns direkt nach dem Aufstehen schon gerne Würstchen, Bohnen, Kartoffelecken, Schinkenspeck etc.? Besonders die Veggies unter uns begannen nicht gerade zu frohlocken. Egal, denn es winkte ja der erste Liverpool-Tag. Am Albert Dock erwartete uns beinahe mediterranes Wetter. Vor der Kulisse des berühmten Liver-Building (taucht z.B. auch im „Real Love“-Video der Beatles auf) entstand das erste Gruppenfoto.

Pierhead Gruppenfoto

Die Erdbeeren sind endlich in Beatle-City angekommen:
(v.l.n.r.: Ansgar, Sebastian, Julia, Marino, Karsten, Nadja, Sunny, Sascha und Martin. Nicht im Bild: Heidi)

Man kann am Albert Dock eine Menge machen: die „Beatles Story“ besuchen, mit dem Amphibien-Fahrzeug „Yellow Duckmarine“ (heißt wirklich so) eine Fahrt unternehmen, in die Tate Gallery oder ganz einfach spazieren gehen. Wir aber hatten einen Termin. Um 14:10 Uhr sollte unsere Beatles-Sightseeing-„Magical Mystery Tour“ starten. Leider verspätete sich der Bus so sehr, dass wir schon begannen daran zu zweifeln, überhaupt abgeholt zu werden. Doch wir vertrieben uns die Zeit uns lernten ganz nebenbei zwei sehr nette Beatles-Fans aus Köln kennen: Gregor (seit ein paar Tagen als „dakota“ hier im Forum angemeldet) mit seiner Tochter Lena. Doch dann ging es los. Zwar mit leichter Enttäuschung, da wir nicht mit dem schönen MMT-Bus-Oldie, sondern mit einem stinknormalen Reisebus fuhren, aber es ging los. An einigen Stationen fuhren wir nur vorbei, so z.B. an Empire Theatre, wo die Beatles mehrfach auftraten, das College Of Art oder das Liverpool Institute (das heutige LIPA). Die erste Station aber, an der wir alle ausstiegen, war das Geburtshaus von George Harrison: 12, Arnold Grove. Wie schon bei meinem ersten Liverpool-Besuch 1999 war dies wieder ein besonderer Moment. Unglaublich, dass die sechsköpfige Familie Harrison dieses Mini-Haus bewohnte, wenn man weiß zu welchem Ruhm George später aufstieg und in welchem Palast (Friar Park) er später selbst lebte. Was unser Tour Guide alles erklärte, war uns bekannt und ging ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder hinaus. Was zählte, war die Stimmung, die dieser Ort für uns ausstrahlte.

Arnold Grove

12, Arnold Grove – Das Geburtshaus von George Harrison

Den Ort der ersten Begegnung von John und Paul, St. Peter’s Church, sahen wir ebenfalls nur im Vorbeifahren. Den nächsten Stopp machten wir in der Beaconsfield Road am legendären roten Tor des ehemaligen Kinderheims „Strawberry Field“. John Lennon machte diesen Ort aus seiner Kindheit mit „Strawberry Fields Forever“ unsterblich. Bei einer relativ großen Touri-Gruppe wie der unsrigen ist es nicht ganz einfach, Fotos zu machen, auf denen niemand anders (als man selbst) abgebildet ist. Auch wenn es irgendwie doch klappte: Dieses Tor wollten wir noch einmal an einem anderen Tag in Ruhe und ohne weitere Touristen besuchen.

Strawberry Field Gate

Das schmiedeeiserne Tor von Strawberry Field

Quasi um die Ecke befindet sich „Mendips“, das Haus, in dem John Lennon bei Tante Mimi und Onkel George aufwuchs. Auch daran fuhren wir vorbei, was aber nicht weiter schlimm war, da wir ja für den folgenden Tag die Tour zu den Häusern von John (Mendips) und Paul (Forthlin Road) gebucht hatten. Die letzte Station zum Aussteigen war eine Straßenecke der Penny Lane. Auch hier wurde an den Schildern ausgiebig fotografiert. Das im Song „Penny Lane“ verewigte Straßenbild mit Roundabout, Bank und Friseur sparten wir uns ebenfalls für einen späteren Besuch auf. Die Tour endete dann im Cavern Quarter, Ecke Mathew Street. Ein Bauzaun mit überdimensionalen Beatles-Konterfeis kündet schon vom Hard Day’s Night-Hotel, das an dieser Stelle entstehen soll. Die erste Adresse für das nächste Erdbeerfelder-Treffen in Liverpool!

AHDN Hotel Bauzaun

Hinter diesem Bauzaun entsteht das „Hard Day’s Night Hotel“

In der Mathew Street sahen wir uns den Cavern Pub und schräg gegenüber den wenige Meter neben dem ursprünglichen Standort wiedererrichteten Cavern Club an. Auch wenn es nur eine Nachbildung ist: Man kann sich gut vorstellen, wie die Beatles in diesem Gemäuer ihre für alle Beteiligten schweißtreibenden Konzerte gaben. Weiter ging’s mit einer Stippvisite in einer Einkaufspassage, in der sich u.a. ein Beatles-Shop befand. Natürlich gingen hier auch einige Scheine über den Kassentresen. Wir befanden uns schon in den Abendstunden und so nahmen wir unser Essen in der „Spice Lounge“ ein, einem indischen Restaurant. Das Speisen waren lecker, nur das Bestellen, Servieren und Abrechnen schien das Personal völlig zu überfordern. Das reinste Chaos. Wir nahmen es aber mit Humor. Ein paar Fotos noch vom schön beleuchteten Albert Dock, und dann verabschiedeten wir uns schon von den Liverpooler Erdbeeren Julia, Nadja und Sebastian.

Albert Dock by night

Liverpools Albert Dock in abendlicher Beleuchtung

Die Suche nach unserem Hotel gestaltet sich etwas kompliziert und unser bewachter Parkplatz war nun auch geschlossen, so dass wir für unsere zwei Autos Stellplätze auf der Straße suchen mussten. Marino musste (warum auch immer *grins*) Schlaf nachholen und ging auf’s Zimmer. Sunny und Sascha waren leider nicht mehr gesehen und so ging ich noch mit Heidi, Martin und Karsten an die Promenade. Doch dort war um Mitternacht nun auch nichts mehr los.

Am nächsten Morgen mussten wir vor dem Frühstück starten um zu unserer Mendips/Forthlin Road-Tour um 10:50 Uhr pünktlich zu kommen. Sunny und Sascha wollten an dieser Tour nicht teilnehmen, wohl aber mit nach Liverpool kommen. Da wir uns in der letzten Nacht aber nicht mehr richtig absprechen konnten und Sunny auch telefonisch nicht zu erreichen war (zudem waren Pete und Trisha noch nicht wach und die Zimmernummer von Sunny und Sascha nicht bekannt), fuhren wir schon mal los in der Hoffnung, dass die Beiden noch nachkommen würden.

Strawberry Four

Die Fab Strawberry Four: Zu neuen Schandtaten bereit!

In Liverpool dann leichtes Verwirrspiel um unseren Treffpunkt für die Tour, doch dann saßen wir schließlich im Kleinbus, der uns zunächst in die Menlove Avenue fuhr. Beide Häuser, Mendips (John) und Forthlin Road (Paul) sind vom National Trust in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden, so wie John und Paul es eben kannten. Nur gut 10 Personen werden pro Tour zugelassen. Es empfiehlt sich daher unbedingt, diese Besichtigungen im Voraus anzumelden. Nun denn, wir traten schon mit ein wenig Ehrfurcht durch die Einfahrt von Mendips. Eine nette Dame empfing uns und wusste schon im Außenbereich allerlei Interessantes zu erzählen. Fotos sollten wir noch nicht machen, sondern erst ins Haus folgen. Die Kameras mussten abgegeben werden und anschließen hatten wir eine gute halbe Stunde in dem Haus, das einen bedeutenden Platz in der Beatles-Geschichte hat. Hier schrieb John schon einige frühe Songs, hier trafen sich nicht nur John, Paul und George in der Pre-Fab-Four-Phase und probten in der Front Porch dank guter Akustik den Satzgesang, sondern hier suchten die Beatles z.B. auch Zuflucht nach der Premiere des Films „A Hard Day’s Night“. Ich denke, dass sich für Beatles-Fans, die nach Liverpool reisen, in den Häusern von Lennon und McCartney ein Gefühl entfaltet, dass durch nichts zu toppen ist. Man fühlt sich hier seinen Idolen eben am nächsten und weiß, dass sich an diesen Orten Musikgeschichte abgespielt hat. Man hat kaum Zeit, sich zu sammeln, da geht es schon wieder nach draußen um ein paar Erinnerungsfotos zu schießen.

Mendips

Mendips: In jenem Haus fiel Tante Mimis legendärer Satz: „A guitar’s all right, John, but you’ll never earn your living by it!“

Wir konnten gar nicht genug bekommen und mussten beinahe schon in den Bus geschubst werden. Der Zeitplan verlangte, dass wir zurückzufahren hatten. In der Forthlin Road Nummer 20 erwartete uns der „Hausmeister“ John Halliday (Paul nicht unähnlich), der nicht nur die Führungen übernimmt, sondern dieses Haus auch bewohnt. Muss ein seltsames Gefühl sein. Im Vergleich zu Mendips ist hier alles ein bisschen kleiner und bescheidener. Nicht umsonst staunte Paul McCartney bei seinem ersten Besuch bei John darüber, dass es dort sogar ein Bücherregal gab und dass John auch alle Bücher darin gelesen hatte. Paul bezeichnete Tante Mimis Haus als „posh“, also vornehm. Als ich ’99 in der Forthlin Road war, gab es einen Audio-Guide. Man bekam einen Kopfhörer und konnte an verschiedenen Plätzen im Haus Erklärung im O-Ton von z.B. Paul oder seinem Bruder Michael abrufen. Das fand ich ganz schön, doch dieses System wird zurzeit überarbeitet und daher übernimmt Mr. Halliday die Führungen – und das durchaus mit Humor. Neben dem Wohnzimmer, in dem Paul und John gut 20 Songs schrieben, war besonders der Blick in den kleinen Garten der McCartneys interessant. Hier machte Michael McCartney ein Foto, das Paul 2005 als Cover für sein Album „Chaos And Creation In The Backyard“ verwendete. Auch hier ist das Fotografieren im Haus verboten. Daher wurde draußen noch viel geknipst, bevor es dann wieder zurück ging zum Ausgangspunkt der Tour.

Forthlin Road

Bei McCartneys in der Forthlin Road

Nur ein paar Schritte und schon befanden wir uns in einem Museum, in dem eine Ausstellung mit Beatles-Fotos eines ungarischen Fotografen zu sehen war. Gezeigt wurden hauptsächlich Bilder aus der „Help!“ und „Rubber Soul“-Phase. Viele davon waren mir unbekannt. Anschließend wollte wieder Geld den Besitzer wechseln, dieses Mal im alteingesessenen Beatles-Shop in der Mathew Street. Hier kaufte ich u.a. das Buch „At The Apple’s Core“ von Denis O’Dell (weder verwandt noch verschwägert :wink:) und ein Beatles Monthly vom Juli 1965 (zu dieser Zeit begab es sich, dass die Familie Bellersen ihren Erstgeborenen begrüßen konnte). Aber auch Marino war selbstredend wieder fleißig im Devotionalien-Erwerb. Nach einem kleinen Snack im „Lucy In The Sky“-Bistro (wo wir böse ausgeschimpft und zurechtgewiesen wurden, weil wir zwei Tische zusammenschieben wollten) gingen wir noch einmal ins Cavern. Hier war noch nichts los. Als wir wieder die Treppen hochmarschierten, fiel mir eine kleine Dame im fortgeschrittenen Alter auf, die sich im Eingangsbereich des Cavern ein Plakat ansah, auf dem der Spielplan der Bands im Cavern aufgelistet war. Ich war mir sehr sicher, fragte sie aber trotzdem höflich, ob sie denn Julia Baird sei, John Lennons Schwester. Sie war sehr freundlich und sagte ja, und ob wir uns schon kennen würden. Dies verneinte ich, aber nachdem ich ihr davon erzählte, schien sie sich an 1990 zu erinnern, als Frank anlässlich einer Ausstellung zum 50. Geburtstag von John Lennon die Gelegenheit hatte, Julia Baird und Cynthia Lennon Hamburg zu zeigen. Auf diese Weise war Frank nun irgendwie doch Teil unserer Liverpool-Reise. Obwohl es auf dem Foto vielleicht nicht so aussieht, war Julia Baird sehr freundlich und ließ sich gerne mit mir fotografieren. Die übrigen Erdbeeren fragten mich übrigens hinterher: „Hä? Wer war denn das?“

Julia Baird

Vor dem Cavern mit John Lennons (Halb-)Schwester Julia Baird

Direkt im Anschluss daran begaben wir uns wieder Richtung Albert Dock. Wieder mal drängte die Zeit, denn wir wussten ja, dass die „Beatles Story“ bereits um 18:00 Uhr schließen wurde. Auch in dieser Ausstellung störte uns das Fotografier-Verbot nicht weiter. Diese Ausstellung – auch wenn Sie ihre Schwächen hat (vor allem die Post-Beatles-Ära wurde all zu knapp abgehandelt) – hätten wir uns gerne ausführlicher angesehen. Zu jedem wichtigen Exponat gab es einen Kommentar per Audio-Guide, doch schon bei Nr. 18 (von 43) wurden wir von einem Ausstellungs-Mitarbeiter dazu angehalten, uns doch ein bisschen zu beeilen. So blieb uns weniger als eine halbe Stunde, denn wir wollten natürlich auch noch im Shop der „Beatles Story“ stöbern. Ähm … nicht nur stöbern, sondern auch – röööchtööööch – kaufen!

Beatles Story

Vorwurfsvoller Blick des Paten: „Keine Fotos hier!“

Endlich konnten wir auch die am Vortag geschriebenen Postkarten mit Beatles-Marken versehen und abschicken. Einige von uns waren eher abgeneigt, zum Essen in den benachbarten Pumphouse Inn zu gehen, doch im Nachhinein waren alle ganz angetan. Die Preise waren O.K. und das Essen sehr lecker. Ich selbst wählte wie zuletzt 1999 das hervorragende Irish Stew. Danach ging es erneut ins Cavern Quarter. Im Cavern Pub sahen wir zunächst eine spanische und am späteren Abend eine argentinische Beatles-Coverband. Es war proppenvoll und wie auch im Cavern, wo wir einem Solo-Auftritt eines Lennon-Barden lauschten, brauchte man nur kurz hineingehen – schon rann einem der Schweiß den Rücken hinunter.

Cavern live

Im Cavern trat ein Musiker auf, der ziemlich gut John Lennon-Songs interpretierte

Leider war es uns nicht vergönnt, das Traveling Wilburys-Tribute zu erleben. Dieser Auftritt war nämlich kostenpflichtig und … ausverkauft! Wieder auf der Mathew Street sahen wir, wie sich immer mehr Menschen durch die schmale Gasse drängten. Nebenbei griff ein zahnloser älterer Herr seine gammelige Gitarre und gab ein „I Should Have Known Better“ zum Besten. Gegen Mitternacht war es wohl, als wir in der Kellerbar unseres „Strawberry Fields Hotel“ erschöpft auf Barhocker und Sessel sanken und uns noch ein paar von Pete gezapfte Lager genehmigten. Ob es die Müdigkeit war oder nicht, Marino wirkte entgegen seinem Naturell ein wenig still und in sich gekehrt. Vielleicht war er müde, vielleicht war er dabei, das Erlebte zu verarbeiten oder vielleicht war er auch etwas wehmütig, dass es am nächsten Tag für ihn wieder nach Deutschland gehen würde.

Und so war es dann auch: Martin und ich brachten am nächsten Morgen Heidi (die weiter nach London reiste) und Marino zum Flughafen nach Manchester und verabschiedeten uns doch irgendwie schweren Herzens. Da wir schon mal in der Gegend waren, beschlossen Martin und ich uns Manchester anzusehen. Das Auto ließen wir im Parkhaus und fuhren ganz unkompliziert per Zug vom Flughafen direkt ins Zentrum, Manchester Picadilly Station. Nur 15 Minuten waren wir unterwegs und stiegen dann aus um nur wenige hundert Meter weiter einen abenteuerlichen Secondhand-Laden unter die Lupe zu nehmen. Abertausende von Büchern, Schallplatten, Magazinen (nebst Schmuddel-Ecke) türmten sich hier in Regalen, Fußboden und wo sonst noch ein Quadratzentimeter Platz war. Mitgenommen haben wir dann doch nichts, da die Dinge, die uns interessant erschienen, dann doch zu schlecht erhalten waren. Oder auch, wie im Fall von Martin, der einen UK-Charts-Almanach suchte, nicht aktuell genug. Dafür haben wir dann wieder bei HMV Geld ausgegeben. Lohnenswert war auch die Fahrt mit dem Riesenrad („Manchester Wheel“) mitten in der City.

Manchester Wheel

Blick vom Riesenrad auf die Manchester Cathedral

Bei solch einem guten Überblick sahen wir schnell, dass Manchester keine schöne Stadt ist. Doch wir erblickten einen kleinen Teil des alten Manchester, und zwar in einem überschaubaren Bereich rund um die Manchester Cathedral. Das sah wirklich sehr pittoresk aus und weil es ganz in der Nähe des Riesenrads lag, waren wir auch schnell dort. Auch wenn Manchester nicht so schön ist, haben wir diesen Ausflug sehr genossen. Vielleicht auch deshalb, weil er uns auch eine angenehme Abwechslung zum restlichen Reiseprogramm verschaffte. Nach einem Blick ins beatlesmäßig nicht gerade umwerfende Hard Rock Café und einem wohlschmeckenden Menü im Pizza Hut setzten wir uns wieder in den Zug und fuhren anschließend nach Blackpool, wo wir in kleinem Kreis in Martins Geburtstag hineinfeierten.

Am Samstag wollten wir uns in Liverpool einige Beatles-Stätten zu Fuß ansehen. Das erste große Highlight war sicherlich unser Besuch im „Jacaranda“. Dieses damals vom ersten Beatles-Manager Alan Williams geführte Lokal war zu Pre-Fab-Four-Zeiten nicht nur ein Stamm-Pub der Beatles, sie spielten dort auch ein gutes Dutzend Mal. Das Besondere: Im Keller befindete sich ein von John Lennon und Stuart Sutcliffe gestaltetes Wandbild. Zuerst war die Kellertür verschlossen, doch als die Wirtin sah, dass da eine Horde Beatles-Fans mit Träne im Knopfloch durch die Mini-Glasscheibe spähten, wurde uns das Allerheiligste des „Jacaranda“ geöffnet. Hier konnten wir dann nach Herzenslust fotografieren oder ganz einfach nur den Hauch der Beatles-Historie einatmen.

Jacaranda außen

Das „Jacaranda“ von außen

Jacaranda Wandbild

Dieses Wandbild sollen Stuart Sutcliffe und John Lennon gemalt haben

Für Sascha als Nicht-Fan war es nun genug mit Beatles. So setzte er sich nach dem „Jacaranda“ mit Sunny von uns ab. Für uns aber ging es ohne Gnade weiter, vorbei an der Liverpool Cathedral (wo Paul einst als Junge beim Vorsingen für den Chor durchfiel und 1991 die Uraufführung des „Liverpool Oratorio“ stattfand), zum College Of Art und gleich daneben zum ehemaligen Liverpool Institute. In diesen beiden Gebäuden wurden vier Beatles ausgebildet. Im College Of Art studierte Stuart, während John eher andere Dinge im Kopf hatte und hier unter anderem seine spätere Frau Cynthia kennen lernte. Im benachbarten Liverpool Institute gingen George und Paul zur Schule. Mittlerweile ist das Liverpool Institute noch enger mit Paul McCartney verbunden, der an diesem Ort eine renommierte Künstler-Talentschmiede ins Leben rief. Im „Liverpool Institute Of Performing Arts“ gibt McCartney auch heute noch wenige, aber regelmäßig stattfindende Kurse. Wir hatten sogar das Glück, das Gebäudeinnere zu besichtigen. Im „Paul McCartney Auditorium“ ging gerade eine Auktion von Beatles-Artikeln zu Ende. Das scherte uns nicht weiter, wir waren nur froh, das LIPA mal von innen begutachten zu können.

LIPA McCartney Auditorium

Das „Paul McCartney Auditorium“ im LIPA

Unsere nächste Station, der Kunststudenten-Pub „Ye Cracke“ (John, Cynthia und Stuart kehrten hier oft ein) hat wie auch das „Jarcaranda“ einen direkten Erdbeerfelder-Bezug, denn zwei unserer Unter-Foren tragen diese Namen. Im „Ye Cracke“ macht ein Großteil des Interieurs den Eindruck, als hätte sich hier in den letzten 50 Jahren kaum etwas verändert. Jede Tischplatte war übersät von eingekerbten Initialen und Sprüchen. So habe ich uns auch mit unserer Webadresse verewigt.

Ye Cracke

Sebastian, Karsten und Martin vor dem „Ye Cracke“ (links Julia und Nadja)

Nachdem wir dort unsere Getränke geleert hatten, gingen wir schon wieder nach draußen, um auf unser „Fab Four Taxi“ zu warten. Diese auf Beatles-Plätze spezialisierten Taxis gibt es mehrfach in Liverpool. Wir nun heuerten eines davon an um ganz gezielt bestimmte Orte anzusteuern. Die Gräber von Stuart Sutcliffe und Brian Epstein waren leider zu weit außerhalb, aber trotzdem wurden uns noch ein paar Herzenswünsche erfüllt. Wir sahen das Maternity Hospital (wenn es keine Gedenktafel gäbe, käme man nicht darauf, dass hier John Lennon geboren wurde), Ringos Viertel, „Dingle“ genannt (inklusive des auf Ringos Soloalbum „Sentimental Journey“ abgebildeten „Empress Pub“), das „Palmhouse“ (ein Refugium für den jungen George Harrison, wann immer er sich zurückziehen wollte), Penny Lane, 9 Newcastle Road (wo John Lennon die ersten vier Lebensjahre verbrachte), St. Peter’s Church (Schauplatz der ersten Begegnung von John und Paul), Beaconsfield Road („Strawberry Field“ –Tor), 12 Arnold Grove (noch einmal Georges Geburtshaus) und schließlich 4 Rodney Street (Brian Epsteins Geburtsthaus). Sehr eindrucksvoll war St. Peter’s Church, dort, wo das schicksalhafte erste Treffen zwischen zwei Jugendlichen namens John Lennon und Paul McCartney stattfand. Was ein Gemeindefest so alles in Bewegung setzen kann … Wahnsinn! Auf dem Friedhof der St. Peter’s Church dann natürlich auch der Grabstein von Eleanor Rigby. Nebenbei erfuhren wir von unserem Taxifahrer (der einige erstaunliche Geschichten zu berichten wusste), dass hier auch Tante Mimis Ehemann George, Johns Onkel und Vaterersatz, beigesetzt wurde. Seinen Namen kann man auf dem Grabstein allerdings kaum noch erkennen.

Empress Pub

Der „Empress Pub“ – bekannt durch Ringos Album „Sentimental Journey“; rechts davon Admiral Grove, wo Ringo seit dem Alter von sechs Jahren bis zum Durchbruch der Beatles lebte

Penny Lane barber shop

Die spanische Beatles-Coverband, die wir zuvor noch im Cavern Pub gesehen hatten, posiert vor dem berühmten Barbershop aus McCartneys Song „Penny Lane“.

St. Peter's Church Hall

Die Keimzelle der Beatles-Historie: St.Peter’s Church Hall

Eleanor Rigby's Grave

Auf dem Friedhof der St.Peter Gemeinde befindet sich die Grabstätte einer gewissen Eleanor Rigby

Um 18:30 Uhr waren wir mit Karsten am Auto verabredet. Karsten hatte sich vor der Taxi-Tour von uns verabschiedet um den Rummel in der Mathew Street mitzumachen und war immer noch ein bisschen stinkig, weil er sich von Cavern etc. loseisen musste. Schließlich ging es ihm ja nicht um den Kult, sondern um die Musik 😉 Aber Karsten war auch derjenige, der noch während der Heimreise kaum aufhörte, davon begeistert zu erzählen, was er mit uns am Samstagabend erlebt hat. Ich wollte nämlich unbedingt um 20:00 Uhr in unserem Blackpooler Hotel sein, da sich für diese Zeit der McCartney Doppelgänger Neil Tudor angekündigt hatte. Tudor gibt im November im „Strawberry Fields Hotel“ zwei Konzerte und wollte sich die Gegebenheiten vor Ort schon einmal ansehen. Zudem steht er in privatem Kontakt mit Pete und Trisha. Nun ist Neil Tudor nicht irgendein Doppelgänger, sondern wurde z.B. von McCartneys Keyboarder Paul „Wix“ Wickens für dessen Geburtstagsfeier angeheuert und sogar McCartneys Management bestellte Tudor ans Set zum Dreh von Pauls Video „Dance Tonight“. Etwas später als angkündigt traf er dann ein, und war wohl selbst ein wenig überrascht, hier von einer Fan-Delegation aus Deutschland erwartet zu werden. Fast wie beim echten Paul hörten die Kameras nicht auf zu klicken. Aber er war ganz „McCartney-like“ locker drauf und beantwortete nicht nur alle Fragen, die wir hatten, sondern sang auf der Bühne zur Gitarre noch einige Songs aus seinem Repertoire. Am Schluss dann sogar ein Geburtstagsständchen für Martin. Als wir den Liverpooler Erdbeeren von unserem geplanten Abend mit Neil Tudor erzählten, kam Sebastian auf die glorreiche Idee, den McCartney-Klon doch mal in das Erdbeerfelder T-Shirt hineinschlüpfen zu lassen. Neil kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, machte aber auch diesen Spaß mit.

Ansgar und Neil Tudor

Ansgar und der falsche Paule Neil Tudor

Zu später Stunde folgten Martin, Karsten und ich Neil noch zu seinem Auftritt etwas außerhalb von Blackpool. Das „Broadwater Holiday Centre“ in Fleetwood war dann ein kurioses Erlebnis, das unserer turbulenten Woche die Krone aufsetzte. Wir gerieten in einen riesigen Saal auf dem Gelände eines Campingplatzes. Dieser Raum war randvoll mit Herrschaften zwischen 50 und 80. Bingo wurde gepielt. Dann trällerte eine Alleinunterhalterin namens Vicki B. Gassenhauer wie „Stop! In The Name Of Love“, bevor es dann mit einer Raffle (Lotterie) weiterging. Wir kamen uns reichlich deplatziert vor, genossen aber die Situation und waren in bester Amüsierlaune. Indessen hatte Neil sein Equipment installiert, seine Gitarren und Bass gestimmt. Ich fragte ihn noch, ob er denn ab und zu seine Setlist verändert und dem Publikum anpasst. Der Altersdurchschnitt im Broadwater sei ihm auch aufgefallen und ja, er würde wohl nur zwei, drei Rocker bringen. Aber diesen Vorsatz schien er vergessen zu haben, als er loslegte. Wir waren dann doch angenehm überrascht, dass er Songs wie „Get Back“, „Jet“, „Band On The Run“, „I Saw Her Standing There“ sang und spielte. Auch waren Stücke zu hören, um die Paul McCartney bei seinen Liveshows leider immer noch einen Bogen macht. Allen voran „Silly Love Songs“.

Neil Tudor live

Neil Tudor bei der Arbeit

Als Neil Tudor sein doch recht langes Set beendet hatte, war klar: Dieser Mann muss hart arbeiten, um seine Brötchen zu verdienen. Sein großes Plus ist sicher die optische Nähe zu McCartney. Die stimmlichen Fähigkeiten sind allerdings doch manchmal sehr limitiert. Ich will ihn jedoch auch nicht schlecht machen, sondern denke, dass Konzerte mit Neil Tudor für alle irgendwie doch sehr unterhaltsam sind. Auftritte wie der im Broadwater sind hingegen sicher nicht sonderlich motivierend. Ihm merkte man das aber nicht wirklich an. Am Ende halfen wir Neil, die Ausrüstung in seinen Van (ein ausgemustertes Postauto) zu packen und fuhren ihm hinterher zurück zum Hotel.

Am nächsten Morgen war unser Abreisetag. Zunächst mal Frühstück mit „Paul McCartney“ am Nebentisch. Es war schon lustig. Schließlich holten Karsten, Martin und ich unsere Sachen aus dem Zimmer, verabschiedeten uns von Pete, Trisha und Neil und stiegen ins Auto. Martins Maschine ging schon in den Mittagsstunden, so dass Karsten und ich noch recht viel Zeit bis zum Einchecken hatten (unser Flugzeug sollte planmäßig um 20:10 Uhr starten). Den Mietwagen gaben wir nach rund 630 gefahrenen Meilen unversehrt ab und dann machten wir’s wie am Freitag: Wir nahmen den Zug ins Zentrum und bummelten durch Manchester. Viele Geschäfte hatten noch auf, so dass es uns gar nicht langweilig wurde. Im Aldi(!) kaufte ich noch als Mitbringsel Clotted Cream und eine Packung Shortbread (ich liebe das Zeug).

Wellington Inn

Hier, im Wellington Inn, gönnten Karsten und ich uns noch eine warme Mahlzeit

Mit ordentlicher Verspätung hob unsere Maschine dann am Abend ab und brachte uns sicher zurück nach Hamburg. Nachdem Karsten und ich uns verabschiedet hatten, nahm ich mir noch ein Taxi, das mich zu meinem in irgendeiner Straße parkenden Auto brachte. Um ungefähr 2:00 Uhr war ich zu Hause. Erschöpft, mit dem Kopf voller Eindrücke und der Erinnerung an wunderbare Tage, die ich mit sehr lieben Leuten genießen durfte. Dass ich am nächsten Morgen um 9:00 Uhr schon wieder arbeiten musste, war mir egal. Ich war und bin immer noch … glücklich!

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