Unfinished Music No. 1: Two Virgins
Veröffentlicht: 29. November 1968
LP: Apple (S)APCOR 2
CD: Rykodisc RCD 10411 oder Rock Classics SSI 9999
Titel:
Two Virgins No. 1 / Together / Two Virgins No. 2 / Two Virgins No. 3 / Two Virgins No. 4 / Two Virgins No. 5 / Two Virgins No. 6 / Hushabye Hushabye / Two Virgins No. 7 / Two Virgins No. 8 / Two Virgins No. 9 / Two Virgins No. 10
Bonus-Track auf der Rykodisk-CD: Remember Love
Für wen hält sich John Lennon, mögen viele gedacht haben, als „Two Virgins“ veröffentlicht wurde. Da zeigen sich zwei noch nicht einmal anatomisch besonders hübsch geformte Menschen im Adams- bzw. Evakostüm und gehen auch, was den auditiven Teil dieser Platte betrifft, ins Extreme. Doch für John Lennon war das ganz normal und hatte seine Richtigkeit. Durch „Two Virgins“ teilte Lennon mit der ihm eigenen schonungslos offenen Art der Welt mit, dass er und Yoko Ono fortan zusammengehörten. Yoko Ono stand bereits während des Aufenthaltes der Beatles in Indien (Frühjahr 1968) mit John Lennon in regelmäßigem Kontakt. Johns Frau Cynthia ahnte nicht, worauf die Bekanntschaft ihres Mannes mit der japanischen Künstlerin hinauslaufen würde. Am 20. Mai 1968, als Cynthia sich bereits auf der Rückreise von einem Griechenland-Urlaub befand, lud John Lennon Yoko Ono zu sich nach Kenwood ein. Die Beiden widmeten sich zunächst in Lennons Medienwerkstatt musikalischen Experimenten bevor sie anschließend eine Liebesnacht miteinander verbrachten. Lennon plante eine radikale Konfrontation, so dass Cynthia aus allen Wolken fiel, als sie am Nachmittag des nächsten Tages John und Yoko in ihrer Küche sitzen sah. Von diesem Tag an waren Cynthia und sein bisheriges Familienleben für John Lennon endgültig Vergangenheit.
„Two Virgins” ist eine ca. 30-minütige Dokumentation der experimentellen Spielereien des Paares von jenem denkwürdigen Tag. Man hört einen wirren Mix aus Geflöte, Gesprächsfetzen, Yokos ziegenartigem Gemecker, Klaviergeklimper, Orgelakkorden, Radiobrummen und ähnlichen Zutaten. Selbst als Fan muss man sich durch diese halbe Stunde regelrecht arbeiten. Historisch zwar interessant, doch auf die Dauer kaum zu ertragen. Das Highlight des Albums dauert ganze 20 Sekunden, als Lennon am Ende von „Two Virgins“ zu Klavierbegleitung die Litanei eines Geistlichen parodiert und mit einem lang gezogenen “Amen” krönt. Insgesamt zu wenig, um sich dieses Album mehr als ein oder zwei Mal komplett anzuhören.
Mit „Two Virgins“ hatte John Lennon begonnen, seine Rolle als Beatle bzw. zumindest das Bild, das die Öffentlichkeit von ihm hatte, zu zerstören. Zugleich war für Lennon und Ono dieses Albums der Startschuss für die totale Medialisierung ihres gemeinsamen Lebens. Jede Aktion und große Teile ihres Privatlebens wurden nun dokumentiert.
Die Veröffentlichung von „Two Virgins“ war höchst umstritten. Zwar findet sich auf der Coverrückseite ein Zitat von Paul McCartney, das glauben macht, er segne dieses Projekt ab, doch wie sich später herausstellte, bat er Lennon darum, „Two Virgins“ nicht zu veröffentlichen. Doch John Lennon gab nicht nach, selbst als EMI und Capitol sich weigerten, die Platte zu veröffentlichen. Schließlich brachte das kleine Label Tetragrammaton das Album auf den Markt – in einer braunen Packpapierhülle, die lediglich die Gesichter von John und Yoko zeigte.
Der Erfolg des ungefähr zeitgleich erschienenen „Weißen Albums“ der Beatles vermochte es, von “Two Virgins” ein wenig abzulenken. Trotzdem ist “Two Virgins” bis heute die umstrittenste und skandalträchtigste Veröffentlichung eines (Ex-) Beatles. Rykodisc veröffentlichte das Album 1997 als CD, die unter Sammlern bereits heute relativ hoch gehandelt wird. Die CD-Billigausgabe des Labels Rock Classics ist hingegen immer mal wieder günstig zu bekommen.
Anspieltipps:
Keine
Bewertung:
Pressestimmen:
„However, the albums John Lennon made with Yoko Ono in the late ’60s, including „Two Virgins“ and „Life With The Lions“, didn’t suggest that he had anything to say in the avantgarde-medium. These were the formless dabblings of two mutulally obsessed lovers.“ – UNCUT